/ RESTORING DIGNITY
EIN DOKUMENTARFILM VON INEDIZ IN ZUSAMMENARBEIT MIT ÄRZTE OHNE GRENZEN
Der Dokumentarfilm „Restoring Dignity“ von den französischen Filmemacher*innen Claire Jeantet und Fabrice Catérini wurde von Inediz in Zusammenarbeit mit Ärzte ohne Grenzen produziert. Im Film begleiten wir Noma-Überlebende auf ihrer Reise quer durch Nigeria. Einige sind Kinder, wie Sakina und Umar; einige sind Teenager, wie Amina und Adamu; und andere sind Erwachsene, die seit Jahrzehnten mit den schrecklichen physischen und psychischen Folgen dieser Krankheit leben, wie Mulikat und Aliyu.
Sehen Sie sich hier den Trailer an
Die internationale und afrikanische Premiere des Films fand im Mai 2019 in Dakar, Senegal, statt. Seitdem wurde der Film auf 13 Festivals in Afrika, Europa und den USA gezeigt und gewann vier Preise in Kopenhagen, Dallas, Los Angeles und London. Der Film ist auf Vimeo-VOD zu sehen. Den Link zum Film und weiterführende Informationen zu Veranstaltungen sowie den Möglichkeiten, selbst eine Vorführung zu organisieren, finden Sie auf der Seite des Films (in englischer Sprache): www.restoring-dignity.com
Anmerkungen der Regisseur*innen
Noma verursacht in kürzester Zeit schreckliche Wunden, der Genesungsprozess und die Nachbehandlungen dauern hingegen viele Monate und manchmal Jahre. Uns fiel diese dramatische zeitliche Verzerrung sofort auf, als wir im November 2016 im Sokoto Noma Krankenhaus ankamen.
Wenn man das erste Mal das Gesicht von Noma-Überlebenden sieht, braucht man einige Zeit, um eine Verbindung zu der Person herzustellen. Es ist nicht einfach, ihre Stimmung wahrzunehmen oder einen Blick zu lesen. Abgelehnt von ihren Gemeinden und manchmal auch von Teilen der Familie, haben sie traurigerweise gelernt, ihre Wunden hinter einem Schal zu verstecken.
Als Fotograf*innen und Filmemacher*innen war es unser Ziel, mit diesem Dokumentarfilm-Projekt, das abzubilden, was von einem entstellten Menschen bleibt: Wie die Würde und damit die Schönheit über diese lebensverändernde Erfahrung, die das Gesicht betrifft, bewahrt werden kann. Schließlich ist das Gesicht unheimlich wichtig, um mit anderen Menschen in Verbindung zu treten. Im Film sprechen die Überlebenden für sich selbst und jedes der seltenen und wertvollen Worte, die sie mit der Kamera teilten, war ein Schritt nach vorn: Für sie, um zu erklären, was sie fühlen und für uns, um zu verstehen.
Durch wiederholte Besuche in Sokoto und den wiederkehrenden Begegnungen, konnten wir eine vertrauensvolle Bindung aufbauen. Wir wollten, dass die Menschen nicht nur im Film zu sehen sind, sondern auch Teil des Prozesses und der Botschaft sein können.
Als wir die Ergebnisse unserer Arbeit teilten, war es für viele Protagonist*innen das erste Mal, dass sie ein Bild von sich selbst sahen. Die Bilder der entstellten Gesichter wurden bald zu einem einzigartigen materiellen Beweis ihrer Krankheitsgeschichte sowie eine Aufzeichnung ihrer Gesichter vor der Operation. Diese Fotoporträts erscheinen im Film als Erinnerung und hinterfragen gleichzeitig, wie wir uns selbst betrachten und wie dies unsere Interaktionen mit anderen beeinflusst.
Die Entstellung der Noma-Überlebenden und die vielen Todesfälle, die jedes Jahr auf Noma zurückzuführen sind, können und sollten durch die Verbesserung der Lebensbedingungen und den Zugang zur Gesundheitsversorgung verhindert werden. Indem sie ihre Geschichten mit Würde teilen, helfen uns die Menschen in diesem Dokumentarfilm, ein visuelles Tagebuch der physischen und psychischen Folgen einer Krankheit zu sammeln, die es nicht mehr geben sollte.
Claire Jeantet und Fabrice Catérini
Wir haben viel gelitten, aber sie hat überlebt.
Hauwa, Sakinas Mutter
Wir haben viel gelitten, aber sie hat überlebt.
Hauwa, Sakinas Mutter
/ IN DEN HAUPTROLLEN
Der Film wurde im Laufe eines Jahres in Sokoto, Nigeria, gedreht. So konnte sich ein Gefühl des Vertrauens zwischen den Filmemacher*innen und den Patient*innen entwickeln. Sie öffneten der Filmcrew nicht nur ihre Häuser, sondern auch ihre Herzen und zeigten ihnen ihr Leben voller sozialer Herausforderungen, Diskriminierung und Entbehrungen. Das Noma-Krankenhaus in Sokoto sowie das Projekt für rekonstruktive Chirurgie, gaben den Menschen Hoffnung, ihr Leben zurückgewinnen und mit neuen Möglichkeiten nach Hause zurückkehren zu können.
ADAMU, 14
Nach 14 Besuchen im Krankenhaus wurde Adamu für eine Operation für eine Nasenrekonstruktion bestätigt. Sein Vater erzählt die Geschichte eines langen Kampfes: Adamu und seine Brüder erkrankten eines Tages an Masern und Adamu infizierte sich schließlich noch zusätzlich mit Noma. Mittlerweile wurde er dreimal operiert und nun, im Alter von 14 Jahren, ist seine Nase rekonstruiert. Nicht nur der optische Erfolg zählt: die Auswirkungen der Operation auf Adamus Leben waren enorm.
AMINA, 18
Amina erinnert sich an die ersten Krankheitssymptome: Plötzlich bildete sich ein Loch in ihrer Wange. Als Folge der Infektion leidet sie an einer Kiefersperre und wird diskriminiert. Eine rekonstruktive Operation ist für sie lebenswichtig. Diese Herausforderung teilt sie mit ihrer Freundin Murjanatu, die ebenfalls Patientin im Krankenhaus ist. Amina, die regelmäßig betet, ist eine liebe und wissbegierige junge Frau. Manchmal verhält sie sich aber trotzdem noch wie ein kleines Mädchen und spielt mit Kuscheltieren oder liest Kindergeschichten.
ALIYU, 27
Aliyu, Hirte und Teil der Ethnie der Fulani, lächelte während des gesamten Prozesses der Rekonstruktion seiner Nase und blieb gelassen. Er trägt im Krankenhaus immer ein schwarz-weißes Tuch über den Schultern; in seinem Dorf bedeckt er damit sein Gesicht. Seine Frau, Nana Asmaou, ermutigt ihn, es abzunehmen. Sie erklärt im Film außerdem, warum sie bei ihm blieb, obwohl seine beiden vorherigen Ehefrauen aus Angst vor seiner Entstellung geflohen waren.
MULIKAT, 32
Mulikat wurde in den letzten 20 Jahren mehrfach operiert. Sie ist eine Noma-Überlebende, die jetzt im Krankenhaus als Gesundheitsberaterin arbeitet. Mit ihrer Geschichte möchte sie anderen Patient*innen Hoffnung geben und ihnen helfen, ihr Selbstvertrauen wieder aufzubauen. Mulikat lebt weiterhin mit den körperlichen Folgen der Krankheit - trotzdem ist sie eine lustige und stolze Frau, die sich gerne gut kleidet und Zeit mit ihren Freund*innen verbringt.
SAKINA, 4
Ihre Schwester Aisha erinnert sich, dass Sakina fast gestorben wäre, bevor es die Familie ins Sokoto Noma Krankenhaus geschafft hat. Obwohl sie mittlerweile drei Operationen hinter sich hat, erlebt sie immer noch häufige Rückfälle aufgrund von Mangelernährung und schlechten Lebensbedingungen. Ihre Mutter Hauwa ist ihre ständige Begleiterin, die einzige Person, die mit ihr gemeinsam essen möchte – meistens kleiden sich beide im selben Stoff. Hauwa versucht, ihrer Tochter bestmöglich zu helfen. Die täglichen Herausforderungen in Verbindung mit Armut und mangelnder Bildung bleiben trotzdem schwierig.
Fußnoten: Zeichnungen & Infografiken von Chloé Fournier / Fotos & Videos von Claire Jeantet & Fabrice Caterini © Inediz – Alle Rechte vorbehalten